Darm-Expertin Dr. Weber erklärt den Zusammenhang von Schönheit, Darm und Gesundheit

Dr. Sandra Weber ist Expertin für Ernährung und Darmgesundheit. Wir haben mit ihr über das Mikrobiom, gesunde Darmbakterien und die Auswirkungen auf Haut und Gesundheit gesprochen.

Warum sagt man, dass unsere Gesundheit im Darm liegt?

Der Darm ist weit mehr als nur ein Verdauungsorgan. Der Darm stellt die Hauptzentrale unseres Immunsystems dar - etwa 80% aller körpereigenen Immunzellen sitzen im Darm. Darüber hinausenstoffe produziert, aber auch ortsfremde Hormone, wie Östrogene und Schilddrüsenhormone, werden von Darmbakterien reguliert. Auch das Gehirn steht in ständigem Austausch mit unserem Darm. Leidet der Darm, leidet das Gehirn und andersherum. Das bedeutet die Darmgesundheit beeinflusst unsere mentale Gesundheit und umgekehrt. Nicht zu vergessen ist der Einfluss auf unsere Haut. Über das Immunsystem und bakterielle Botenstoffe beeinflusst der Zustand des Darms den Zustand der Haut. Ein Ungleichgewicht des Darmmikrobioms kann sich u.a. in Form von Hautbeschwerden, wie Akne, Schuppenfläche oder Neurodermitis darstellen.

Weshalb sind gute Darmbakterien so wichtig?

Im Darmmikrobiom lebt eine Vielzahl unterschiedlicher Bakterien.
Zu den Aufgaben der nützlichen Bakterien zählen unter anderem die Aktivierung von inaktiven Schilddrüsenhormonen (T4) zu aktiven Schilddrüsenhormonen (T3), die Regulation des Östrogenhaushalts, die Produktion von entzündungshemmenden Stoffen und die Harmonisierung des Immunsystems.

Was ist der Zusammenhang von Haut und Darm?

Der Darm beeinflusst über verschiedene Wege den Zustand unserer Haut. Besonders wichtig ist dabei das Darmmikrobiom. Verschiedene Darmbakterien produzieren unterschiedliche Substanzen, die sowohl schädlich, als auch förderlich für die Hautgesundheit wirken können. Es kommt also auf die Zusammensetzung des Darmmikrobioms an. So produzieren einige Milchsäurebakterienstämme beispielsweise Substanzen, die die Feuchtigkeitsversorgung und die Elastizität der Haut steigern. Auch über den Einfluss der Darmbakterien auf das Immunsystem wird die Hautgesundheit mitgesteuert. So finden sich in Stuhlproben von Menschen mit Neurodermitis eine reduzierte Anzahl von Bakterien, die für die Bildung wichtiger Antikörper verantwortlich sind (Laktobazillen, Bifidobakterien, Colibakterien, Enterococcen). Hingegen sind vermehrt Fäulnisbakterien wie Clostridien nachweisbar. Zudem beeinflusst die Zusammensetzung der Darmflora, über die Wirkung auf den Hormonhaushalt, den gesundheitlichen Zustand der Haut. Darmbakterien können auf den sogenannten Insulin- like Growth Faktor 1 (IGF-1) Einfluss nehmen, der eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Akne spielt. Auch die Nährstoffaufnahme kann unter einer gekippten Darmgesundheit leiden. Dabei kann es zu einem Mangel von wichtigen Nährstoffen kommen, wie z.B. Vitamine A, C und E, Folsäure oder Zink, welche notwendig für eine gesunde Haut sind.

Warum sind Antioxidantien so essentiell für uns – und insbesondere unsere Haut?

Unsere Körperzellen werden täglich mit sogenannten freien Radikalen konfrontiert. Freie Radikale sind wie kleine Taschendiebe, die unseren Zellen ein Elektron klauen möchten, um ihre eigene Elektronensammlung zu bereichern. Diesen Elektronendiebstahl nennt man Oxidation. Oxidative Prozesse können zur Zellalterung und zu bleibenden Zellschäden führen.

Antioxidantien sind hingegen kleine Elektronenlieferanten, die den Elektronendiebstahl verhindern, indem sie bereitwillig eines ihrer Elektronen an oxidative Stoffe abgeben und so unsere Zellen vor einem unfreiwilligen Elektronenverlust schützen. Auf diese Weise wirken Antioxidantien als mächtiges Schutzschild für sämtliche Körperzellen. Insbesondere unsere Haut profitiert von Antioxidantien, denn sie steht - als unsere äußere Hülle - im ständigen Kontakt mit Elektronenräubern (freien Radikalen) aus der Umwelt.

Damit der Körper genügend Antioxidantien aufnehmen kann ist er auf ein gesundes Darmmirkobiom angewiesen. Denn die meisten Antioxidantien nehmen wir über frisches Obst und Gemüse, in Form von Polyphenolen, auf. Polyphenole zählen zu den sekundären Pflanzenstoffen und werden nicht, wie die meisten Nahrungsbestandteile, über den Dünndarm ins Körperinnere aufgenommen. Der Körper selbst kann keine Enzyme produzieren, die Polyphenole aufspalten können. Daher landen diese sekundären Pflanzenstoffe im Dickdarm und dienen dort als Futter für unsere guten Darmbakterien. Erst durch die Weiterverarbeitung durch die Darmbakterien werden aus Polyphenolen Antioxidanzien freigesetzt, die wir über die Darmwand aufnehmen können.

Auf welche negativen Zusatzstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetika sollte man achten?

Neben Farbstoffen und Aromen sind Konservierungsstoffe, sowohl in der Ernährung, als auch in der Kosmetik besonders kritisch zu betrachten.
Konservierungsstoffe haben die Aufgabe Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika länger haltbar zu machen und vor einer Besiedlung mit Bakterien und Pilzen zu schützen. Der Gedanke ist prinzipiell richtig - denn verdorbene Lebensmittel und Kosmetika können Giftstoffe, die von Bakterien und Pilzen produziert werden, enthalten, welche sich negativ auf unsere (Haut-) Gesundheit auswirken. Allerdings unterscheiden Konservierungsstoffe, ähnlich wie Antibiotika, nicht zwischen „guten“ und „schlechten“ Mikroorganismen. Werden Konservierungsmittel häufig in Form von Kosmetika auf die Haut, oder in Form von Lebensmitteln und Nahrungsergänzungsmittel über den Darm aufgenommen, wird dort das Bakterienwachstum gehemmt - auch das Wachstum der guten Bakterien. Damit geht die bakterielle Schutzfunktion sowohl auf der Haut, als auch im Darm verloren und die Haut- bzw. Darmbarriere wird geschwächt.

Was ist dein persönliches „Superfood“?

Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe, denn sie zählen zu den Leibspeisen der nützlichen Darmbakterien. Werden über die tägliche Ernährung nicht genügend Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe aufgenommen, fehlt das Futter für die guten Darmbakterien und sie sterben mit der Zeit ab. Da die Darmflora zentrale gesundheitliche Aufgaben übernimmt, ist es für unsere körperliche und mentale Gesundheit wichtig, den richtigen Bakterien, das richtige Futter zu bieten.

Was empfiehlst du Frauen, die oft unter einem Blähbauch leiden?

Ein Blähbauch kann viele verschiedene Ursachen haben. In den meisten Fällen ist es eine Kombination verschiedener Faktoren. Die wichtigsten Tipps:

  1. Atemübung direkt vor dem Essen um den Körper auf Verdauung vorzubereiten (Parasympathikus aktivieren) und Stress zu reduzieren (Sympathikus deaktivieren)

  2. Langsam essen und gründlich kauen

  3. Getränke mit Kohlensäure sowie Kaugummi kauen vermeiden

  4. Regelmäßige moderate Bewegung

  5. Nahrungsmittelunverträglichkeiten überprüfen, falls Tipp 1 - 4 keinen Erfolg zeigen

Mehr von Dr. Sandra Weber findet ihr auf ihrem Blog und auf ihrem Instagram-Kanal.