Anika, Beraterin für Darmgesundheit, gibt Tipps zum Thema Blähbauch, Essverhalten und Co.
Anika ist Beraterin für Darmgesundheit und hat uns in einem Gespräch einige Tipps und Tricks verraten, wie wir unseren Darm gesund halten, Blähbäuche loswerden und eine gesunde Ernährung und Lebensweise etablieren.
1. Was sind die häufigsten Beschwerden deiner KlientInnen?
Für einen glücklichen Bauch braucht es ein wirklich ganzheitliches Verständnis von Gesundheit. Dementsprechend sind die Anliegen meiner Klienten:innen total vielfältig.
Von Blähungen, Übelkeit, Verstopfung, Durchfall, Sodbrennen und Bauchkrämpfen bis hin zu Ängsten, einem schwierigen Verhältnis zu Essen und Körper oder dem bloßen Wunsch, wieder Kontrolle über das eigene Verhalten zu gewinnen, ist absolut alles dabei.
2. Wie sieht dein Ernährungsstil aus?
Meine Ernährung ist in den letzten fünf Jahren durch viele verschiedene Phasen gegangen. Nachdem ich eine Zeit lang Histaminhaltige Lebensmittel, Gluten, Milchprodukte und vieles überhaupt nicht vertragen habe, kann mein Bauch heute fast alles in Maßen gut verdauen.
Alkohol, Koffein, Zucker und Tierprodukte kommen allerdings nicht in meiner täglichen Ernährung vor. Ein normaler Wochentag sieht in der Regel so aus:
7 Uhr ein großes Glas warmes Wasser mit Apfelessig
9 Uhr Porridge oder Smoothie
10 Uhr eine große Teekanne Kräutertee
13 Uhr warmes Gericht z.B. das rote Bete Curry mit Reis oder die Spaghetti mit grüner Soße
14 Uhr eine große Karaffe Wasser
16 Uhr Datteln mit Schoki und Nussmus, ein Stück Obst oder einen anderen Snack
18 Uhr warmes Gericht wie z.B. meine vegane Bouillabaisse oder die cremige Gemüsesuppe
19 Uhr ein Chai-Tee
Ich würde aber lügen, wenn ich euch nicht auch verraten würde, dass sich da gerne mal ein zweiter Snack am Vormittag dazu gesellt und ich das ein oder andere Abendessen auch erst um 20 Uhr zu mir nehme.
3. Was sind die hilfreichssten Tipps, die du an Personen mit Verdauungsbeschwerden gibst? Wo soll eine Person beginnen, die Probleme aber kein Know How in dem Bereich hat?
Tipp 1: Blende aus, was die anderen machen und finde heraus, was dir gut tut. Dein Darm ist individuell und wenn du lernst, seine Sprache zu sprechen, sagt er dir alles, was du brauchst.
Tipp 2: Wende deine Aufmerksamkeit den Bereichen in deinem Leben zu, die sich nicht gut anfühlen. Was lässt sich in deinem Leben schwer verdauen? Was schluckst du runter? Was schlägt dir auf den Magen?
Tipp 3: Bring Ruhe und Entspannung in dein Leben. Ob Yoga, Meditation, Qi-Gong, der Spaziergang im Park oder auch das Anschauen des Sonnenaufgangs – entspann dich. Nur dann ist genug Energie für deine Verdauung da.
Tipp 4: Mach dich nicht verrückt mit dem Essen. Wenn du keine nachgewiesene Lebensmittelallergie oder -intoleranz hast, fokussiere dich darauf, möglichst naturbelassen zu essen und vertraue deinem Körper.
Tipp 5: Bring Genuss in dein Leben. Schaff dir Routinen, die du liebst und versüße dir deinen Alltag mit Düften, Licht, Wärme und Klängen. Ich arbeite am entspanntesten mit meinem Lieblingstee, meditiere am liebsten mit einer Kerze, schlafe am besten mit einem Duftöl ein und bewege mich am liebsten mit guter Mucke.
4. Viele Frauen sind häufig aufgebläht. Was kann der Grund für Blähbäuche sein?
Oh ja, das ist ein großes Thema. Blähungen können viele verschiedene Ursachen haben. Ich will einmal die fünf häufigsten erklären.
Essverhalten
Ein weiterer Grund kann zu schnelles und zu häufiges Essen sein sowie zu große Portionen. Wer Pausen zwischen den Mahlzeiten macht, gibt dem Verdauungssystem die Chance in Ruhe zu verdauen und auch zwischendrin mal aufzuräumen. Besonders wichtig ist es, langsam zu essen und möglichst ausgiebig zu kauen (20-30 Mal).
Unverträglichkeiten
Auch Unverträglichkeiten können ein Grund für Blähungen sein. Die häufigsten Unverträglichkeiten sind Gluten, Milch, Soja, Fruktose, Eier und Nüsse. Einfach mal jeweils eines der Dinge für eine Zeit lang weglassen und beobachten, ob sich etwas verändert. Das ist meiner Meinung nach zuverlässiger als die meisten Tests. Außerdem freut sich der Körper über die zusätzliche Achtsamkeit, die du ihm schenkst, wenn du regelmäßig in dich hinein hörst.
Fehlbesiedlung
Der komplexeste Grund für Blähungen ist eine unausgeglichene Darmflora. Aktuelle Studien zeigen, dass Menschen mit Blähungen häufig zu viele Darmbakterien im Dünndarm haben. Ihnen kann es helfen, die Einnahme von Kohlenhydraten und Ballaststoffen zu verringern. All’ diese Lebensmittel füttern nämlich unsere Darmbakterien. Das Gleiche trifft übrigens häufig auf Menschen mit Übergewicht sowie auf Menschen mit Schilddrüsenproblemen zu.
Stressiger Alltag
Eine letzte, sehr häufige Ursache für Blähungen ist zu viel Stress im Alltag. Ist die Aufmerksamkeit und Energie den ganzen Tag im Kopf, bleibt dem Bauch nicht genug zum Verdauen übrig. Wird das Entspannungs-Nervensystem allerdings aktiv, fließt mehr Blut in die Körpermitte und mit ihm Sauerstoff und Energie zum Verdauungssystem. Die Verdauungssäfte werden angeregt und die Verdauung kann ohne Probleme verlaufen. Regelmäßige Pausen, ausreichend Schlaf, Meditation und entspannende Spaziergänge in der Natur verschaffen Abhilfe.
Lebensmittelzubereitung
Eine Ursache können schwer verdauliche Lebensmittel sein. Dazu gehören Erbsen, Bohnen, Linsen, aber auch Nüsse und Rohkost. Vielen Menschen hilft es, Rohkost nur am Abend zu essen und Hülsenfrüchte, Nüsse und einige Kohlenhydrate einzuweichen.
Träge Darmbewegung
Viele Frauen kennen es: während der Monatsblutung bläht sich der Bauch gerne auf oder der Darm ist verstopft. Grund dafür ist ein Hormon, das die Gebärmutterschleimhaut abbaut, allerdings auch die Muskeln des Darms entspannt. Der Nahrungsbrei bleibt länger im Darm und es können mehr Gase entstehen. Sanfte Darmmassagen und ausreichend Bewegung können helfen. Auch in anderen Zyklusphasen ist ausreichend Bewegung eine gute Möglichkeit, um den Blähungen auf die Schliche zu kommen.
Weitere Ursachen können sein: Einnahme von verarbeiteten Lebensmitteln mit Zusatzstoffen, Einnahme von Kohlensäure, Medikamente, Schwangerschaft, psychische Erkrankungen u.v.m.
5. Wieso ist eine ganzheitliche Betrachtung so wichtig?
Weil der Darm so viel mehr kann als nur zu verdauen. Das Bauchhirn ist das größte neuronale Netzwerk außerhalb des Kopfs und ermöglicht dem Darm, ganz eigenständig zu funktionieren. Über den Vagusnerv – den sogenannten Entspannungsnerv – leitet der Darm viele Informationen an den Kopf. Deshalb neigen viele Menschen mit bestimmten Darmerkrankungen zu Angst und Depression.
Außerdem beherbergt der Darm genauso viele Mikroorganismen wie wir menschliche Zellen im Körper besitzen. Die Stoffwechselprodukte dieser Organismen beeinflussen die Informationsübertragung im ganzen Körper.
Der Darm beherbergt darüber hinaus einen Großteil unserer Immunzellen und produziert viele unserer Hormone, wie zum Beispiel Serotonin – das sogenannte Glückshormon.
Den Darm losgelöst von Psyche, Verhalten, Emotionen oder Hormonen zu betrachten, wäre also total verrückt!
6. Wie etablierst du neue Gewohnheiten mit deinen KlientInnen?
Da hab ich zwei Geheimrezepte: in möglichst kleinen Schritten und auf eine möglichst schöne Art und Weise. Wenn ich mich selbst dazu bringen möchte, früher ins Bett zu gehen, dann muss es irgendeinen Vorteil für mich haben. Es braucht irgendeinen Teil an dieser Routine, den ich sofort genießen und auf den ich mich freuen kann. Außerdem versuche ich nicht sofort zwei Stunden früher ins Bett zu gehen, sondern erstmal ein kleines bisschen früher. Diese kleinen Erfolgserlebnisse geben Auftrieb und motivieren weiter zu machen. Plötzlich macht Veränderung Spaß.
Zum Thema Gewohnheiten kann ich die Bücher „Die 1% Methode“ von James Clear und „Die Macht der Gewohnheit“ von Charles Duhigg empfehlen.